"sexy"
Geschlechtsgenossinnen und Geschlechtsgenossen: Lasst endlich den Unterschied sein! Zieht das absolute Grau an, wo es nunmehr schon im Schrank gerade oben liegen muss. Werdet bewusst grau.
#MeToo - Darunter liegt der natürlich und sozial verfestigte Unterschied, dass es bei Frauen und Männern schon auf das unterschiedliche Aussehen ankommt, dass die Frau sich vom Mann unterscheiden und auch in Anziehsachen eine Unterscheidung hinlegen muss, vielmehr den Unterschied auch noch freizügig in die Öffentlichkeit stellen muss.
Aber – mit Marx – heißt radikal sein, ein Problem bei der Wurzel zu packen. Frauen und Männer müssen schon auf der tieferen Ebene dazu ansetzen, aus der Verschiedenheit auszubrechen. Weg mit der Differenz. Sie müssen aufhören, sich zu unterscheiden, sich selbst als Differenz zu präsentieren.
Sie müssen einfordern, dass sie symmetrisiert werden, für Frauen wie für Männer eine stilvolle, aber keinesfalls körperbetonte Uni-Form zur Verfügung steht. Sagt: "Ich mache dieses Spiel nicht mehr mit. Ich tue nicht mehr für mein Aussehen als der graue Durchschnitt, gebe meinem Körper nicht mehr als das durchschnittliche Grau."
Der Unterschied ist das Problem. Er muss aufgelöst werden: indem Frauen sich weniger unterscheidbar machen, oder indem Männer sich mehr ununterscheidbar machen. Auftreten im kollektiven Geiste des egalitären Grauens. Alles, was hier ausgegeben wird, steht für Anderes nicht zur Verfügung. Das ist eine unausweichliche Wahrheit. Es hat keinen Sinn, sich um sie herumzudrücken: "Ich muss mich ändern, damit die Grapscher es schwer haben, zu grapschen."
Denn dann ist der Blick des anderen so weit ergraut und verinnerlicht, dass er den konkreten anderen nicht mehr sieht, nicht mehr braucht. Erscheint an eurem Arbeitsplatz ununterscheidbar, ungeschmückt und ungestylt, in einem ebenso grauen und uniformierten Outfit wie die Männer.
Modemacher: Entwerft Uniform für Alle, parkettfest, und ohne körperbetont zu sein. Das kollektive Grauen geht durchs Berufsleben in einem sachlich-unpersönlichen Aufzug, der die Person und ihren Körper nivelliert, als irgendeine Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken. Modemacher: Symmetrisiert die Abweichler! Formiert und kollektiviert die Anziehsachen, so dass die uniformen Formelemente einfach und untereinander unproblematisch austauschbar sind. Ein Pullover in Grau kann zum Rollkragenpullover, zur Vollverkleidung oder Vollverschleierung abgewandelt werden, ohne dass sonst etwas daran geändert werden muss.
Politiker, Gleichstellungsbeauftragte: Droht mit der Regulierung der Modeindustrie! Macht Vorschriften und Anordnungen, wonach Modefirmen gleich viel und nur Grau im Frauen- und im Männersortiment haben müssen und gleich viel Geld für deren Produktwerbung ausgeben müssen, zunächst vielleicht noch um einen gewissen, anpassbaren Faktor von 0,1 differierend. Der größte Feind der Freiheit ist die Freiheit. Und man spart hinterher Regulierungsaufwand in Sachen Egalisierung und Anti-Grapsch-Gesetzen.
Filmemacher: Produziert Filme für f/m-Schauspieler, die sehr kollektiv aussehen und trotzdem gute Sympathieträger sind. Figuren, die nicht schön und nicht sexy sind. Frauen, die zeigen, dass eine Frau mit kollektiven Quantitäten mehr punkten kann als mit individuellen Qualitäten.
In der #MeToo-Debatte wird das in diesem Artikel ausgebreitete Grauen von übelwollenden, selbstsüchtigen und begriffsstutzigen Lesern falsch verstanden werden. Leider werden diese derzeit nicht in nennenswertem Umfang angegriffen oder hinterfragt. Sie müssen künftig mehr überwacht werden, ihre Hände und Zungen insbesondere.
***Ich danke Barbara Kuchler, Soziologin an der Universität Bielefeld, für die vielen Anregungen. Soviel Grauen hätte ich mir sonst nicht vorstellen können.